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Weglaufhaus
Im Weglaufhaus in Berlin wird nicht therapiert.
Medikamente können abgesetzt werden. Es soll ein
Zufluchtsort für von der Wohnungslosigkeit bedrohte und
betroffene Psychiatrie-Betroffene sein.
Einige Professionelle rechnen das Weglaufhaus zu den
Milieutherapien. Dabei gibt es dort nur flache Hierarchien
und es wird auf den Betroffenen eingegangen. Im
Weglaufhaus wird aber nicht therapiert. Es gibt nur eine
Begleitung bei Behördenangelegenheiten. Die Bewohner
müssen sich an der Hausarbeit im Weglaufhaus beteiligen.
Es soll keine Gewalt gegen die Betroffenen angewendet
werden.
Gewalttätige und Süchtige werden allerdings nicht
aufgenommen. So ist das Problem der Gewalt auch noch nicht
gelöst von den Initiatoren des Weglaufhauses.
Mindestens die Hälfte der Bediensteten im Weglaufhaus sind
Psychiatrieerfahrene. Die Professionellen wohnen aber
nicht im Haus. Trotzdem sind nachts immer Bedienstete im
Haus.
Medikamente absetzen ist freiwillig. Es wird allerdings
unterstützt.
Der Weg zum Weglaufhaus war lang. Er wurde ermöglicht
durch die Spende des Hauses. Einmal hatte man schon alles
auf der Reihe, als die Rot-Grüne Koalition in Berlin
zerbrach und das Projekt von dem neuen Senat nicht mehr
verfolgt wurde. Da kam man auf die Idee, den Betrieb
des Hauses durch die Aufnahme von Wohnungslosen
Psychiatrie-Betroffenen zu ermöglichen. Dies führte
schließlich zum Erfolg, und am 1.1.1996 konnte das
Weglaufhaus eröffnet werden. Man mußte zwar Krisen
überwinden, doch hat sich das Weglaufhaus seitdem bewährt.
Obwohl man nicht therapiert, finden fast alle Bewohner des
Weglaufhauses aus ihren Krisen heraus.
Im Ruhrgebiet gibt es eine Initiative, die auch ein
Weglaufhaus plant.
Soteria
Soteria ist griechisch und bedeutet Geborgensein und
Befreiung. Soter heißt der Gesalbte. So wurde Jesus
Christus bezeichnet.
Zum ersten mal wurde in den USA von dem Psychiater Loren
Mosher ein Psychiatrie-Experiment so genannt. Loren Mosher
war auch bei Ronald Laing. Dabei wollte man die Menschen,
die in einer Psychose sind begleiten, sich mit ihnen
beschäftigen und wenig Zwang ausüben. Wenn möglich sollten
keine Medikamente angewendet werden. Es stellte sich
heraus, dass die Patienten keine Gewalt anwenden durften
und keinen Alkohol trinken durften, damit es
funktionierte. Es gab zwei Selbstmorde von ehemaligen
Patienten. Das Projekt war erfolgreich, doch stellte die
NAMI die Finanzierung ein. Berichtet wird von dem Projekt
in dem Buch: Loren Mosher: Dabeisein: Das Manual zur
Praxis in der Soteria. Ein Teil der Betreuer waren Laien.
Die Betreuer wohnten mit den Patienten. Man beschäftigte
sich mit Hausarbeit, Behördengängen und Ausflügen sowie
Spielen. Auf der Grundlage der Erfahrungen in den USA
schuf der Psychiater Luc Ciompi in Bern eine ähnliche
Soteria. Dort wurden allerdings mehr Medikamente
eingesetzt und es gab zusätzlich noch ein Weiches Zimmer.
In dem Weichen Zimmer gibt es am Anfang eine Eins zu Eins
Betreuung, solange man in der Psychose steckt.
Es gab eine Soteria in Frankfurt/Oder, die aber wegen
Geldmangel wieder eingestellt werden mußte. Obwohl Die
Soterien in den Gesamtkosten nicht höher sind als auf
normalen Stationen, scheut man doch die hohen
Personalkosten. Es werden auch deutlich weniger
Medikamente in der Soteria gegeben. So kann man die
Personalkosten wieder ausgleichen.
Auch auf den Akutstationen des Psychiatrischen
Krankenhauses in Gütersloh wurden Soteriastationen
eingerichtet. Erst begann man mit einer Station, die
umgebaut wurde. Es wurden aber weiterhin 20 Patienten
betreut von der normalen Mitarbeiterstärke. Es gab eine
große Wohnküche und ein Weiches Zimmer. Als bedeutend
stellte sich jedoch der Einstellungswechsel des Personals
heraus. Es begegnete den Nutzern mit einer Einstellung des
Begleitens in der Krise und Dabeiseins. Das psychotische
Erleben der Nutzer wurde als sinnvoll für das Leben der
Nutzer eingeschätzt. Es gelang, die Zahl der Fixierungen
und auch die Gewalt der Patienten eindeutig zu senken.
Nicht alle Wirkfaktoren der Soteria konnten umgesetzt
werden. Eine stärkere Einbindung der Station in die
sonstigen psychiatrischen Angebote der Region wurde
erreicht.
Weitere Soteriastationen sind in der Planung oder zum Teil
auch schon umgesetzt in Giessen und Hannover, München und
Bremen.Auch die Psychiatrie-Erfahrenen in Stuttgart haben
eine Soteria in ihrer Offenen Herberge.
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Literatur:
Ute Wehde, Das Weglaufhaus Zufluchtsort für
Psychiatrie-Betroffene, Berlin, Antipsychiatrieverlag,
1991
Kerstin Kempker (Hrsg.), Flucht in die Wirklichkeit - Das
Berliner Weglaufhaus, Berlin, Antipsychiatrieverlag, 1998
Ingo Runte, Begleitung höchstpersönlich - Innovative
milieu-therapeutische Projekte für akut psychotische
Menschen, Bonn, Psychiatrie-Verlag, 1. Auflage 2001
Elisabeth Aebi, Luc Ciompi, Hartwig
Hansen (Hrsg.) ,Soteria im Gespräch Psychiatrie-Verlag
Bonn 1996, 3. Auflage
Loren R. Mosher, Voyce Hendrix, Dabeisein. Das Manual zur
Praxis in der Soteria, Psychiatrie-Verlag Bonn 1994
Ingo Runte, Begleitung höchstpersönlich - Innovative
milieu-therapeutische Projekte für akut psychotische
Menschen, Bonn, Psychiatrie-Verlag, 1. Auflage 2001
Bettina Kroll, Mit Soteria auf Reformkurs - Ein
Alternativprojekt bewegt die Akutpsychiatrie, Gütersloh,
Jokob van Hoddis Verlag, 1998
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